Rachel von "Mama denkt"
Rachels Blog Mama denkt startete als Selbstversuch und wurde zur Herzenssache. Hier erwarten Dich Kopf- und HerzensDinge. Viel Mamasein und ein bisschen reduziertes Leben, jede Menge kreatives Chaos und ein wenig strukturierte Ordnung, Geklicktes und Entdecktes, Einfaches und Schönes.
Sie möchte die Welt fair:ändern und glaubt fest daran, dass das geht. Ein bewusstes Leben durch die Einfachheit.
Liebe Rachel, zuerst einmal vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für ein Interview genommen hast!
Was bedeutet ein einfach gutes Leben für Dich?
"Die Jungs und ich streunen durch unseren Garten, entdecken, was das Grün uns zu bieten hat, ertappen Tiere, wie sie durchs Unterholz flitzen und genießen unsere Zeit, die wir zusammen haben. Oder wir befinden uns alle im Wohnzimmer, während der eine mit mir auf dem Boden liegt und die Parkgarage rauf und runter fahren lässt, der andere farbenfrohe Bilder malt und bastelt und wieder ein anderer die Matchbox-Autos wilde Abenteuer erleben lässt.
Mein Mann und ich liegen entspannt auf der roten Couch, nach einem anstrengenden Alltagstag, haben die Beine hochgelegt und lauschen dem Ticken der Uhr. Ich gestehe - das tun wir nicht allzu oft. Denn meist sind es diese Minuten, und wenigen Stunden, in denen wir Dingen nachgehen, die in Anwesenheit unserer Kinder nur schwer umzusetzen sind: schreiben von Texten, Blogartikeln und Bücher. Konzipieren neuer Ideen oder auch das Nähen einer Puppe...
Ein gutes Leben ist einfach. Ein einfaches Leben ist gut. Ohne das Rad neu zu erfinden. Bewusst(er)leben. Das finde ich einfach gut."
Gibt es ein Vorbild an dem Du Dich orientierst?
"Nicht wirklich. Es gibt jede Menge Menschen, die Erstaunliches gesagt, gedacht und gelebt haben. So wie heute. Es gibt viele Menschen, die ich hier im Netz überhaupt erst kennengelernt habe, die interessante Dinge sagen, vertreten und scheinbar auch leben. Ich schaue mir gerne Dinge ab und probiere sie aus. Doch das eine Vorbild habe ich nicht.
Aussagen, an denen ich mich in der Tat immer wieder orientiere, finden sich in der Bibel und ich bin total erstaunt, was für einen Spiegel Jesus und die anderen Protagonisten vielen Menschen damals schon vors Gesicht gehalten haben. "Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz." Mt 6,21 oder "Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat."Mt6,34"
Wie erleichterst Du Dir den Alltag?
"Es gibt ein paar Dinge, die ich mir immer wieder in unserem Alltag als Familie in Erinnerung zu rufen versuche.
1. Das oberste Erleichterungs-Gebot: Nicht stressen. Egal, was gerade anliegt, egal, was wir oder ich hier gerade ausprobieren, nicht unter Druck. Es muss nicht funktionieren. Es wäre schön, doch wenn nicht, dann haben wir etwas gelernt: Dass es für uns so nicht funktioniert. Und das ist eine ganz herausragende und wichtige Erfahrung und Erkenntnis. Ich habe das mal anders gesehen und mich zu dieser Zeit enorm unter Druck gesetzt. Im Sinne meine seelischen, psychischen und körperlichen Gesundheit und der meiner Familie, versuche ich alles und jedes als Versuch, als ein Alltagsexperiment zu sehen. Da sind Irrtümer absolut erwünscht und zwingend notwendig zur Weiterentwicklung.
2. Ich tue Dinge, wenn ich Zeit dazu finde. Ich warte nicht mehr auf DEN passenden Moment. Zumindest immer seltener. Denn in der Regel habe ich festgestellt, dass es diesen Augenblick nicht gibt. Dadurch kommt es dann gar nicht zu den schönen Vorsätzen, die ich mir vorgenommen habe. Dadurch gehen wir wieder klettern, ich habe meinen Rettungsschwimmerschein gemacht und ich gehe tatsächlich wieder arbeiten. Meine Söhne gehen zur Musikschule, wir probieren regelmäßig Neues aus und ich bin tatsächlich stellvertretende Elternklassensprecherin.
3. Was tut uns gut?! Darum geht es. Ich frage mich kaum noch, was ich tun muss, weil der große Rest es tut. Davon haben wir uns Stück für Stück gelöst. Wir wollen es anders machen. Ich brauche kein Karneval. Ja, wenn ich mich freue, springe ich wie ein Hampelmann vor meinem Metallspint im Schwimmbad auf und nieder. Andere Eltern kommen vorbei? Springt einfach mit!
Das Weniger in unserem Leben: Weniger Zeug, weniger Abhängigkeit von den Auffassungen der anderen schenkt uns enorm viel Freiheit und Leichtigkeit, die ich in unserem Alltag sehr zu schätzen weiß."
Welche Fehler hast Du bisher auf Deinem Weg zu einem einfach guten Leben gemacht und was hast Du daraus gelernt?
"Manchmal ärgere ich mich, dass ich die Veränderungen in unserem Leben nicht besser dokumentiert habe. Dann würde mir das aktuelle Buchprojekt nicht so furchtbar schwer fallen. Allerdings würde ich dabei nicht so sehr von Fehlern sprechen.
Sowieso: Ich habe aktuell keine Ahnung, was das für Fehler sein könnten. Irrtümer gibt es eine Reihe. Aber die sind gewollt und dienen meinem größeren Ziel: Dass wir uns weiterentwickeln."
Welche gute Gewohnheit hat Deinen Alltag am meisten positiv verändert?
"Eigentlich sind es zwei: Der diesjährige Sommer hat mich gelehrt, dass es wichtig ist innezuhalten. Das Rad des Alltages bewusst zu unterbrechen und nicht fortwährend am Laufen zu halten.
Das andere, das damit Hand in Hand geht: Ich suche mir für jeden Tag, die eine kleine Sache, auf die ich mich freue. Manchmal gibt es sogar gleich mehrere, wie zum Beispiel heute: das Frühstück mit der Freundin, das Stück Kaffeeschokolade, meine Zeit im Schwimmbad und das Ermutigen eines kleinen Mädchens, das Angst vorm Wasser hatte."
Deine drei wichtigsten Tipps für ein einfach gutes Leben?
"Sie sind den drei obigen Erläuterungen sehr verwandt:
- Einfach tun - im Sinne von einfach ausprobieren
- Was bei anderen geht, muss nicht auch bei mir funktionieren und umgekehrt. Was bei mir super läuft, ist nicht DIE allround-Lösung für den Rest. Irrtümer sind erlaubt und gern gesehen - sie dienen der Weiterentwicklung
- Was macht mich aus? Worauf kommt es mir an? Was bringt mein Herz zum Klingen und lässt es leicht werden?"
Gibt es Bereiche, an denen Du selbst noch arbeitest?
"Absolut und fortwährend. Da ist die Sache mit unserer Haushaltskasse. Oder auch unsere Müllproduktion als Familie, die ich täglich im Blick habe und auf ein Neues reduzieren möchte. Der Gang ins Kinderzimmer bringt mich immer wieder an den Punkt in Frage zu stellen, wieviel Spielzeug braucht ein Mensch wirklich?!? Es gibt immer ein mehr oder weniger großes Projekt, mit dem wir beschäftigt sind."
Welche Themen erwarten uns in den nächsten Wochen und Monaten auf Deinem Blog?
"Das lässt sich nicht immer ganz so genau sagen. Im Moment bin ich jedenfalls sehr damit beschäftigt Ideen zu sammeln, was sich mit den Kindern in der Weihnachtszeit Besonderes machen lässt. Dieses Besondere zeichnet sich dadurch aus, dass es einfach, nachhaltig (zumindest ein bisschen) und entschleunigend ist. Das Thema Müll lässt mich und uns außerdem nicht in Ruhe. Wieviel sich davon bei MamaDenkt oder in speziell konzipierten Workshops wiederfinden wird, muss ich selber noch ein wenig abwarten. Müll ist ein Thema, das, unseren Alltag auch einfacher macht, wenn wir ihn in geringeren Mengen produzieren. Ich bin sicher, dass das geht. Auf jeden Fall werde ich euch noch das ein oder andere Buch vorstellen und vielleicht nochmal ein "ohne Zucker"-Experiment im Januar starten. Auf ein Neues. Oder wir wiegen einfach mal nicht uns, sondern den von uns produzierten Müll ab dem 01.01.2017."
Liebe Rachel, vielen herzlichen Dank, dass Du Teil dieser Interviewreihe bist!
